Die Berliner Weiße hat eine lange Geschichte. Ende des 17. Jahrhunderts wird
sie erstmals erwähnt.
Um 1800 herum gab es mehrere Hundert Weißbierlokale in
Berlin. Es wurde ursprünglich in der Flasche vergoren. Die unkontrollierte wilde
Gärung sorgte für einen hohen Kohlensäuregehalt im Bier. Aufgrund der starken
Schaumentwicklung beim Öffnen der Flasche bereitete der Ausschank in
Gläsern große Schwierigkeiten. Man benutzte bevorzugt breite Gläser, ja
Schüsseln ähnlich, die eine große Oberfläche besaßen. So konnte man das
schäumende Getränk in einem Zug in das Trinkgefäß hineinbringen. Üblich war es
auch eine große Schale herumgehen zu lassen, so dass mehrere Personen aus einem
Glas tranken. Wer für sich alleine eine kleine Weiße bestellte outete sich als
ortsfremder Zugereister.
Bald erkannte man eine Besonderheit der Berliner
Weiße: Sie hatte eine nahezu unbegrenzte Haltbarkeit und reifte zu einer
kostbaren Spezialität heran, die mit zunehmenden Alter immer besser wurde. Die
„französischen Berliner“, die Hugenotten, nannten sie daher „Champagner du
Nord“. Die sogenannten „Budiker“ (Berliner Kneipenwirte) gingen u.a. dazu über
die Berliner Weiße-Flaschen in Ihren Kneipenvorgärten zu vergraben, um sie für
ein paar Jahre in der kühlen dunklen Erde reifen zu lassen. Ein derart
gelagertes Bier war eine unvergleichlich exquisite Spezialität.
In den 20er
Jahren entstand die Idee, die säuerliche herbe Weiße der Damenwelt zugänglich zu
machen, indem man sie mit rotem (Himbeere) oder grünem (Waldmeister)-
Zuckersirup vermischte.
Die „Unart“ die Weiße zusätzlich mit einem Strohhalm
aus dem Glas zu saugen ist wohl mehr der Einfall der Marketing-Industrie des
ausgehenden 20sten Jahrhunderts. Ein Kenner trinkt eine gut gelungene Berliner
Weiße pur, ohne Zusätze. Gut gekühlt ist das säuerliche Getränk eine willkommene
Erfrischung, besonders an heißen Sommertagen.
Die Besonderheiten der Berliner
Weißen werden z.Zt. neu entdeckt.
Seit Mitte der 80er Jahre pflegten
besonders die kleinen Braubetriebe wieder die Biersorten-Vielfalt.
Es
entstanden die ersten Gasthausbrauereien in Deutschland. Der
Meierei-Braumeister,
Jürgen Solkowski, eröffnete seine erste
Gasthausbrauerei im Jahre 1987 (Luisen-Bräu).
Die Devise hieß: Weg vom
Pilsener-Einheitsbier, hin zu den guten alten Sorten, die noch in den 50er und
60er Jahren üblich waren. So lebte z.B. das „Helle“ Bier wieder auf und wurde
besonders von der Damenwelt geschätzt, die das kratzige, bittere Pils nicht
mochten und begeistert das vollmundige, weiche, malzaromatische und süffige
„Hell“ für sich entdeckten. Diese helle Spezialität ist heute das Haus- und
Hofbier der Meierei.
In den Jahren der Sorten-Einfältigkeit wurden auch
die alten Rezepte für die Herstellung der "Berliner Weiße" vernachlässigt.
Es gab keine Flaschengärung mehr, die Biere wurden filtriert, pasteurisiert, mit
sterilen Hefen künstlich getrübt und mit Sirup vorgemischt sogar in Dosen
abgefüllt.
Der Niedergang der Sorte war komplett.
Die engagierten und erfahrenen Braumeister Jürgen Solkowski und Manfred
Staruß machten sich in der Gasthausbrauerei „Meierei im Neuen Garten, Potsdam“
schon vor ein paar Jahren daran, die gute alte Berliner Weiße wieder aufleben zu
lassen. Sie legten eine sog. Hefebank an, in der die alten ober- aber auch
untergärigen Hefestämme hinterlegt und gepflegt werden. Sie retteten alte Stämme
aus Weißbierbrauereien wie Groterjan, Landé, Hochschulbrauerei, Schultheiss
u.a.
Unter Verwendung von obergärigen Hefen, von Brettanomyces-Hefen
und den Milchsäurestämmen der Lactobacillus-Familie, die alle aus ihrer Sammlung
stammen, wurden schon im Jahre 2004 erste Varianten der Weiße „Berliner Art“
in der Meierei hergestellt.
Die Problematik bestand darin, die
herkömmliche Berliner Weiße, die ursprünglich ein Zufallsprodukt war, mit den
heute üblichen wissenschaftlichen Methoden nachzukonstruieren.
Kenner
unter den Gästen der Meierei wissen den Geschmack zu schätzen und wundern sich
nicht über das hefetrübe Getränk, das sich in Verbindung mit rotem- oder grünem
Sirup schon optisch von der üblichen Handelsware abhebt.
In der Brauerei
Meierei ist die Abfüllung der Weissen in einer Champagnerflasche mit
Naturverkorkung und Agraffe nunmehr möglich.
Eine speziell hierfür
geeignete Abfüllanlage ist in Betrieb gegangen.